Mit viel Herz zum Erfolg

Von Andreas Anderegg

Der Kampf zwischen Torsten May und Stefan Angehrn erlebte einen überraschenden Sieger: May, der frühere Weltmeister und Olympiasieger der Amateure, konnte seiner Favoritenrolle nur gerade in den ersten drei Runden gerecht werden. Die restliche Zeit bis zur Aufgabe blieb er den Ruf als grosser Kämpfer in einem an Höhepunkten armen Gefecht schuldig.

Dafür verantwortlich war in erster Linie der unbedingte Siegwille von Angehrn. Zwar konnte er May nie ernsthaft in Bedrängnis bringen, sein konstanter Angriffsdruck indessen mündete schliesslich im bemerkenswertesten Leistungsausweis seiner bisherigen Laufbahn. Mays Grenzen, die der Amerikanier Adolpho Washington bereits bei seinem siegreichen Titelkampf im vergangenen Jahr aufgezeigt hatte, konnte Angehrn am Samstagabend nun ebenfalls verdeutlichen. Die Feststellung, dass der Kampfausgang allerdings weniger auf die Klasse des Thurgauers als auf das Unvermögen des Deutschen zurück zu führen ist, soll Angehrns Leistung keineswegs schmälern.

Gewisse Defizite in technischer und physischer Hinsicht wurden jedoch offenkundig. Gerade bezüglich der Schlagkraft muss der Thurgauer Cruisergewichtler noch einiges zulegen, denn sie gehört in den schwereren Gewichtsklassen zur Grundausstattung eines jeden erfolgreichen Boxers. Zeit für solche Verbesserungen hat der 34-jährige Thurgauer allerdings noch genug. Insbesondere wenn man an die Schwergewichts-Legende George Foreman denkt, der ja bekanntlich als 50-Jähriger noch ein Comeback ins Auge fasst.

Unter dem Strich könnte für Angehrn, der für seine Sportlerlaufbahn den ungesunden Weg der wirtschaftlichen Verschuldung in Kauf genommen hatte, die Rechnung nun aufgehen. Denn als offizieller Herausforderer des IBF-Weltmeisters ist ihm ein weiterer grosser Zahltag sicher. Wann diese neuerliche Chance winkt und alle weiteren Fragen wird die Zukunft beantworten.